Wir Deutschen halten unser Geld gerne zusammen. Deshalb gewinnen wir regelmäßig den Titel des Sparweltmeisters. Die Angst vor Vermögensverlust ist groß. Die Inflation gilt als Schreckgespenst. Niemand möchte, dass die Ersparnisse an Wert verlieren.

Dass in Deutschland die Angst vor einer hohen Inflation sehr präsent ist, ist auch historisch bedingt. Während der Weimarer Republik erlebten die Deutschen zwischen 1921 und 1923 eine extreme Hyperinflation. Es gab kein Vertrauen mehr in die Währung. Breite Bevölkerungskreise verarmten, standen vor dem Nichts. Dieses Trauma sitzt tief im kollektiven Gedächtnis der Deutschen und führt zu einer starken Abneigung gegen Inflation.

Könnte die Inflation wieder aufflammen?

Als 2022 die Inflation auf über 8% stieg, waren die Menschen hierzulande extrem verunsichert. Sie hatten Sorge, dass es erneut zu einer extremen Geldentwertung kommen könnte. Aktuell liegt die Inflationsrate wieder bei 2,5%. Damit nähert sich die Teuerung dem von der EZB angestrebten Inflationsziel von 2,0% an. Ist die Gefahr einer massiven Geldentwertung gebannt? Leider nein.

Während der inflationären 1970er-Jahre gab es ebenfalls Inflationswellen. Nach einem Tiefstand folgte wieder ein steiler Anstieg. Bedenklich ist aktuell, dass auch die Währungshüter der EZB, die für die Geldstabilität verantwortlich sind, in Sorge sind.

Krisentagung der Währungshüter

Geldpolitiker der Europäischen Zentralbank und Volkswirte aus Banken und Universitäten kamen erst kürzlich bei einer Konferenz in Frankfurt am Main zusammen, um die Probleme zu erörtern. Im Fokus standen vor allem die steigenden Arbeitskosten. Laut Medienberichten sei besorgniserregend, dass höhere Einkommen zu mehr Nachfrage führten und damit die Preise steigen ließen. Arbeitgeber seien umgekehrt geneigt, die Preise zu erhöhen, um ihre höheren Arbeitskosten zu decken. Wenn die Preise steigen, ist das Geld weniger wert. Die Inflation wird befeuert.

Wie stark die Löhne in Deutschland gestiegen sind, lässt sich gut an den Mindestlöhnen erkennen. Laut Eurostat stiegen in Deutschland die Einkommen auf Mindestlohnbasis in den letzten vier Jahren um ein Drittel, nämlich von 1.544 auf 2.054 Euro. Der Mindestlohnanstieg lag über der Inflationsrate. Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa sich trotz höherer Energie- und Lebensmittelpreise mehr leisten können als früher. Das treibt die Inflation an.

Ein Teilnehmer der Konferenz warf die Frage auf, wann Gewerkschafter einsehen würden, dass angesichts höherer Einkaufspreise in der Wirtschaft das alte Wohlstandsniveau für Arbeitnehmer nicht mehr erreichbar sei. Grundsätzlich gilt: Wenn Arbeitgeber mehr für ihr Personal bezahlen müssen, wird versucht, ein Teil der Kosten weiterzugeben. Das heißt: Die Preise steigen. Das Geld ist weniger wert.

EZB in der Zwickmühle

Zur Bekämpfung der Inflation hatte die EZB die Zinsen erhöht. Darauf sank die Teuerung, denn wenn das Geld teuer ist, wird weniger ausgegeben. Andererseits wird die Wirtschaft ausgebremst, denn mit teurem Geld wird auch wenig investiert. Die EZB steht jetzt vor der schwierigen Frage: Können wir schon eine Zinswende wagen oder würde dann die Inflation wieder nach oben schnellen?

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