„Ich enterbe dich!“ ist im Streit zwar schnell gesagt, in der Realität jedoch äußerst selten möglich. Selbst wenn man sich entzweit, besteht im Erbrecht immer noch der Pflichtteil als Rettung für Enterbte.

Wem steht ein Pflichtteil zu?

Sein Vermögen kann jeder grundsätzlich so verteilen, wie er es für richtig hält. Diese so genannte Testierfreiheit ermöglicht es aber auch, die gesetzlichen Erben im Testament zu enterben, sie also vom Erbe auszuschließen. Wurden Sie enterbt, gehen Sie trotzdem nicht leer aus. Sie können den so genannten Pflichtteil verlangen. Damit haben Sie Anspruch auf die Zahlung im Wert des halben gesetzlichen Erbteils, den Sie ohne das Testament erhalten hätten. Ehepartner, Lebenspartner und Kinder sind immer pflichtteilsberechtigt, die Eltern des Erblassers nur dann, wenn keine Kinder oder Enkel vorhanden sind. Partner aus eheähnlichen Gemeinschaften erhalten keinen Pflichtteil.

Es geht ums Geld!

Beim Pflichtteil geht es immer um Geld, also den Wert des Nachlasses, und nicht um einzelne Gegenstände. Wie schwierig es manchmal ist, diesen Wert zu bestimmen, zeigt ein Rechtsstreit über eine Lebensversicherung, den der Bundesgerichtshof in letzter Instanz entscheiden musste. Die Karlsruher Richter bestimmten, dass der Wert einer Lebensversicherung unmittelbar vor dem Tod des Versicherungsnehmers – das ist in aller Regel der Rückkaufswert – bei der Pflichtteilberechnung zugrunde gelegt wird. Zuvor waren die Prämien als Berechnungsgrundlage herangezogen worden. Pflichtteilberechtigte profitieren heute von dem Urteil (Az.: IV ZR 230/08). Nicht immer ist genug Bares da, um Ihren Pflichtteil direkt auszuzahlen. Wer zur Erfüllung Ihrer Ansprüche beispielsweise das geerbte Haus verkaufen müsste, kann von Ihnen eine Stundung verlangen.

Wann der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt

Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren. Das heißt, dass Sie als Pflichtteilsberechtigter nach Ablauf dieser Frist keine Forderungen gegen die Erben mehr stellen können. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Todesfall eingetreten ist, aber nur dann, wenn Sie wissen, dass Ihr Verwandter gestorben ist und dass er Sie enterbt hat. Ohne eine solche Kenntnis verjähren Pflichtteilsansprüche in 30 Jahren.

Häufig verschenken Erblasser kurz vor ihrem Tod Vermögensteile beispielsweise an Pflegepersonen oder Menschen, die sie versorgen möchten – und um bewusst den Pflichtteil zu schmälern. Doch das Motto „Was weg ist, ist weg!“ geht nicht auf, denn Sie dürfen als Pflichtteilsberechtigter verlangen, dass Schenkungen der letzten zehn Jahre zum Nachlass hinzugerechnet werden. Dabei gilt allerdings: Je länger die Schenkung her ist, desto weniger wird sie berücksichtigt.

Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch

Die Reform im Erbrecht sieht ab 2010 vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zeitlich zurückliegt (Abschmelzungsmodell oder Pro-Rata-Regelung).

Beispiel: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird dann voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt. Sind seit der Schenkung allerdings 10 Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nur einen Tag nach Ablauf der Frist stirbt.

Schenkungen unter Ehegatten: Ehegattenschenkungen sind gesondert zu behandeln. Sie sind faktisch gegenüber Schenkungen an Dritte schlechter gestellt. Bei einer Ehegattenschenkung beginnt die 10-Jahres-Frist – und damit auch die Abschmelzung des Wertes der Schenkung – erst mit Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod.

Ideale Lösung mir der Lebensversicherung

Indirekte Schenkung über ein unwiderrufliches Bezugsrecht einer Lebensversicherung

Wichtig zu wissen ist dabei, dass die Einrichtung des unwiderruflichen Bezugsrechtes den sofortigen Vermögensübergang an die unwiderruflich bezugsberechtigte Person mit sich bringt, die jedoch keine Schenkungsteuer auslöst. Eigentumsrechtlich bedeutet dies, dass der Erbe einer unwiderruflich bezugsberechtigten Person auch deren Anspruch aus dem Versicherungsvertrag erbt. Die gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt auch für diesen Fall. Eine ideale Lösung für gezielte, personenbezogene Schenkungen, oder z.B. um sein Privatvermögen vor dem Zugriff Dritter (Staat oder Gläubiger) zu schützen.

Quelle: Erfolgsformel Liechtenstein, BoD Verlag (www.erfolgsformel-liechtenstein.de)

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