2021 könnte ein noch komplexeres Jahr werden als allgemein angenommen. Den Marktteilnehmern wird langsam klar, welches Risiko mit dem Zinsanstieg, vor allem in den USA, einhergeht. Ein Zinsanstieg ist normalerweise ein eher positives Signal für die Aktienmärkte: Er deutet auf eine Konjunkturerholung hin. Eine erhebliche Verteuerung der Kapitalkosten (Zinssteigerungen) droht hingegen zunächst nicht.
- Gute Nachrichten bereits eingepreist
Die Aktienmärkte könnten durchaus weiterhin von den laufenden fiskalischen Anreizmaßnahmen profitieren. Jedoch stehen sie auch drei Herausforderungen gegenüber: hohe Bewertungen, fehlender Spielraum für einen nennenswerten Rückgang der Zinsen und eine hohe Schuldenlast der Staaten. Letztlich sind die Bewertungen der beste langfristige Indikator für Renditen. Da viele Aktien und die meisten großen Aktienindizes nahe an ihrem Allzeithoch liegen, sind sie natürlich anfälliger für negative Nachrichten.
- Wahrscheinlichkeit einer Erholung von Substanzwerten
Der Markt hat für einen ungewöhnlich langen Zeitraum nicht zwischen billigen Qualitätsaktien mit überdurchschnittlichen Fundamentaldaten und Titel unterschieden, die echten zyklischen oder strukturellen Herausforderungen für ihr Geschäftsmodell ausgesetzt sind. Die Rotation, die seither beobachtet wird, bedeutet jedoch nur eine geringe Veränderung der Bewertungskennzahlen. Die Neubewertung vernachlässigter Aktien hat wohl noch einen längeren Weg vor sich.
- Aufgeblasene Wachstumswerte könnten an Luft verlieren
Auf der anderen Seite der Medaille lassen die hohen Erwartungen, die in den hohen Bewertungen vieler beliebter Aktien eingepreist sind, wenig Raum für alles andere als eine perfekte Umsetzung ihrer Story. Angesichts der aktuell hohen Bewertungen vieler dieser Aktien liegt die Messlatte sehr hoch, was die Wachstumserwartungen angeht.
- US-Markt erreicht das teuerste Niveau seit 50 Jahren
In den letzten Jahren schritt der amerikanische Markt vorweg, angetrieben durch eine kleine Gruppe von Index-Schwergewichten und eine zunehmende Anzahl thematischer Aktien. Daher finden sich in den USA auch die extremsten Beispiele für überhöhte Bewertungen.
- Asiatische Schwellenländer: günstig bewertet und gute Wachstumsaussichten
Wie in den USA gibt es auch in Asien eine kleine Anzahl von Börsenschwergewichten, die sich stark entwickelt haben. Alles in allem sind die asiatischen Schwellenländer jedoch günstiger bewertet als die Industrieländer und bieten Chancen sowohl im Value- als auch im Growth-Bereich. Die asiatischen Schwellenländer könnten sich im weiteren Jahresverlauf gut entwickeln, insbesondere die exportorientierten Bereiche, die von der weltweiten Erholung am stärksten profitieren dürften.
- Höhere Inflation ist ein kurzfristiges Risiko
In den letzten Jahren waren die politischen Entscheidungsträger mehr über eine Deflation als über eine Inflation besorgt, was sich jedoch ändern dürfte. Im Zuge der Pandemie wurden Kapazitäten abgebaut, was mit einer Zeit zusammenfällt, in der die Geld- und Fiskalpolitik weltweit extrem expansiv und die Ersparnisse der Haushalte ungewöhnlich hoch sind. Dies könnte zu einem kurzfristigen Überschießen der Inflation führen, wenn sich Kostendruck und Nachfragesog vereinen. Dadurch würde ein neues Problem für politische Entscheidungsträger entstehen, das sowohl auf den Aktien- als auch den Anleihemärkten für Unruhe sorgen könnte.
- Gesundheitssektor erscheint günstig
Es handelt sich um einen uneinheitlichen Sektor, und Teile davon sind bereits überhitzt (z. B. Biotech/Genomik). Gerade Pharmawerte erscheinen jedoch attraktiv bewertet, was zum einen an ihrem defensiven Wesen liegt und zum anderen an der drohenden Regulierung der Arzneimittelpreise in den USA.
- Umweltbewusstes Anlegen ist in aller Munde und dürfte es auch bleiben
Anlagen in die Öl- und Gasförderung dürften auf absehbare Zeit unter dem Niveau vor der Pandemie verharren, während sich Unternehmen alternativen Energiequellen, wie Wind- und Solarenergie, zuwenden. Der Umstieg auf nicht fossile Brennstoffe sowie neue Technologien für Batteriespeicher und Biokraftstoffe wird in den kommenden zehn Jahren ein zentraler Schwerpunkt für Investitionen sein.
- Soziale Aspekte werden immer wichtiger
Die Pandemie hat das Bewusstsein für soziale Themen geschärft, insbesondere in Bereichen wie mentale Gesundheit und steigende Ungleichheit. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Berücksichtigung sozialer Schäden für die zukünftige Wertentwicklung günstig sein wird, da sich Unternehmen ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft zunehmend bewusst werden.
- Thematische Anlagen und Anleger, die nicht auf Bewertungen achten
Thematische Anlagen werden häufig mit breiteren Trends in Verbindung gebracht, die über die typische Klassifizierung von Aktien nach ihrer Branche oder ihrem Sektor hinausgehen. Ein gutes Beispiel ist der Aufstieg von Internet und sozialen Medien in den letzten zwei Dekaden. Die Anzahl potenziell thematischer Aktien scheint von Tag zu Tag zu wachsen, da die Disruption im Vergleich zu den vergangenen 20 Jahren immer schneller wird. Die meisten Themen bleiben wahrscheinlich bestehen, aber es besteht ein erhöhtes Risiko für neue Blasen. Dies stellt für langfristig orientierte Anleger sowohl Chancen als auch Risiken dar.
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