Ab 2025 wird die Grundsteuer neu berechnet. Bereits im Sommer 2022 müssen Hausbesitzer zusätzliche Angaben zu ihren Immobilien machen. Vielen ist das nicht bewusst. Besonders ärgerlich: Je nach Bundesland gelten andere Regeln.
Viele Haus- und Grundstückseigentümer werden den von der Kommune verschickten Grundsteuerbescheid auch dieses Jahr vermutlich achtlos wegheften. Abgebucht wird automatisch. Viele werden damit verfahren wie immer: Aus den Augen, aus dem Sinn. Leider ist es in diesem Jahr damit nicht getan. Denn die Berechnung der Grundsteuer wurde auf Drängen des Bundesverfassungsgerichts 2018 reformiert. Die Steuer wird zwar erst ab dem Jahr 2025 neu berechnet. Bis dahin gelten bestehende Regelungen fort. Doch wer ein Grundstück und/oder eine Immobilie besitzt, muss seinem Finanzamt schon in diesem Sommer aktuelle Daten zu seinem Eigentum liefern. Die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen müssen zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 über die Steuer-Onlineplattform ELSTER eingereicht werden. Für Wohngrundstücke sind Angaben erforderlich wie Lage des Grundstücks, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Wohnfläche und Baujahr des Gebäudes. Anhand dieser Daten wird der Grundbesitzwert neu ermittelt. Er ersetzt als Berechnungs-Faktor den Einheitswert der Immobilie.
Kräftige Steuererhöhung, Länderwirrwarr und Datenchaos
Die Grundsteuerreform dürfte bei etlichen Haus- und Grundstücksbesitzern für ärgerliche Mienen sorgen. Ein Grund: Die neuen Grundbesitzwerte werden selbstredend aktueller sein als die alten Einheitswerte und damit deutlich höher. Der Grundbesitzwert wird weiterhin mit einer Steuermesszahl und dem von den Kommunen festgelegten Hebesatz multipliziert. Um dafür zu verhindern, dass die Grundsteuer ab 2025 nicht steigt, müssten Städte und Gemeinden ihren jeweiligen Hebesatz senken. Damit ist angesichts klammer Kassen in den Kommunen nicht zu rechnen. Deshalb dürfen die allermeisten Immobilieneigentümer künftig mit einem deutlich höheren Steuerbescheid rechnen.
Ein weiterer Grund zur Verärgerung ist die unterschiedliche Auslegung des Gesetzes in den einzelnen Bundesländern. Der Bund hat zwar ein Modell vorgelegt, nach dem die Grundsteuer neu berechnet werden soll. Doch die Umsetzung erfolgt durch die Bundesländer, die eigene Modelle entwickeln und anwenden können. Wer was wie berechnet, müssen Hausbesitzer aufwändig recherchieren. Je nachdem, wo man wohnt, kann die Rechnung ganz anders aussehen. Die sogenannte Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen / Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) sowie die Grundsteuer B (Grundvermögen / Grundstücke) werden in den meisten Ländern zwar ähnlich ermittelt wie im Bundesmodell. Länder wie Saarland und Sachsen haben insbesondere zur Berechnung der Grundsteuer B aber auch ganz eigene Ideen. Und Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen sowie Niedersachsen wenden grundsätzlich ein eigenes Grundsteuermodell an.
Erschwerend kommt hinzu, dass Haus- und Grundbesitzer die geforderten Daten aufwändig recherchieren müssen. Der Eigentümerverband Haus und Grund weist darauf hin, dass etwa die Bodenrichtwerte bei unabhängigen Gutachterausschüssen erfragt oder im Internet recherchiert werden müssen. Größter Knackpunkt könnte das Baualter sein. Denn hier müssten zum Beispiel auch Kernsanierungen berücksichtigt werden, die die Restnutzungsdauer eines Hauses wieder verlängern könnten. Selbst bei der Wohnfläche gebe es laut Eigentümerverband Stolperfallen: An- und Umbauten müssten notfalls sogar selbst ausgemessen werden. Die meisten Angaben werden Eigentümer von den Ämtern in den Kommunen erhalten müssen, die die Anfragewelle, die im Sommer auf sie zukommen wird, schon jetzt fürchten. Es geht um Millionen von Häusern, Grundstücken, Äckern, Ländereien, Gewerbeimmobilien, verschiedene Nutzungsarten, Neu- und Umbauten, Millionen von Einzelfällen.
Dabei wäre es relativ einfach, das Datenchaos zu vermeiden, sagt der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, Torsten Lüth. Die Daten, die die Finanzämter zu den Grundstücken und Häusern brauchen, lägen den Behörden ja bereits vor. Deshalb könnten die Daten rein theoretisch einfach übertragen und in einer digitalen Steuererklärung vorausgefüllt werden. Leider seien die Behörden jedoch noch meilenweit davon entfernt. Wie schwer sie sich mit der Materie tun, wird auch daran deutlich, dass nach Recherchen des Steuerberaterverbands offensichtlich nur wenige Kommunen die Hausbesitzer direkt anschreiben. Es besteht schließlich keine Pflicht dazu. Deshalb wüssten viele Bürger noch gar nicht, dass sie im Sommer Angaben zu ihren Immobilien machen müssen. Lüth kritisiert, dass die Last der Informationsbeschaffung auf die Steuerpflichtigen und auf die Steuerberater abgewälzt werde. „Es kann nicht sein, dass wir mühsam auf Datensuche gehen, während Behörden auf etlichen Datenschätzen sitzen“, so Lüth. Dass das enge Zeitfenster zwischen Juli und Oktober nicht ausreichen wird, um die Datenflut zu bewältigen, ist eigentlich jetzt schon klar.