Von Miles B. Bäßler – Fachanwalt für Erbrecht
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge (auch: „Schenkung mit warmer Hand“) werden Vermögensgegenstände von einem Übergeber an einen Erwerber übertragen, wobei der Erwerber in der Regel jemand ist, der beim Tod des Übergebers ohnehin Vermögensgegenstände von diesem erben würde.
Diese Konstellation ist sehr häufig anzutreffen bei Immobilien und Gesellschaftsanteilen, eher selten bei anderen Vermögensgegenständen, und meist geschieht sie zwischen Eltern und Kindern. Aber es ist ohne weiteres möglich, dass fremde Personen sich Gegenstände übertragen.
Warum machen Personen das. Sich selbst eigenem Vermögen entledigen, das dann jemand anderes bekommt?
Dazu gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die oft gleichzeitig eine Rolle spielen, aber meist unterschiedlich gewichtet. Dieses „Vorziehen der Erbfolge“ ist oft eine Ersparnis von Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer. Eine solche Übertragung verhindert nicht, dass eine Übertragung zu Lebzeiten grds. steuerbar ist nach § 7 Nr. 1 ErbStG.
Ihren Reiz auf dieser Ebene erhält das Vorgehen aber durch zwei Gründe
Nach § 14 ABS. 1 ErbStG können die zwischen Übergeber und Erwerber geltenden Steuerfreibeträge nach § 16 ErbStG alle 10 Jahre vollständig ausgeschöpft werden.
Beispiel: Erhält S als Sohn der Mutter M zum 30.06.2021 eine Immobilie im Wert von 400.000 Euro, so fällt Schenkungsteuer nach § 7 ABS. 1 Nr. 1 ErbStG nicht an, weil nach § 16 ABS. 1 Nr. 2 ErbStG 400.000 Euro Freibetrag gelten. Am 01.07.2031 kann M an S noch einmal 400.000 Euro schenkungsteuerfei übertragen, und alle 10 Jahre erneut. Wenn sich der Übergeber ein Wohnrecht oder (häufiger) ein Nießbrauchsrecht, aber auch Leistungen im Pflegefall („Gegenrecht, Vorbehaltsrecht“) am übertragenen Objekt vorbehält, so wird im Rahmen der Bewertung (also der Frage, mit welchem Wert der übertragene Gegenstand steuerlich berechnet wird) der steuerliche Wert des Nießbrauchs gegen den steuerlichen Wert der Immobilie gerechnet, § 7 ABS. 1 Nr. 1 ErbStG („…soweit .. auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist“… – also gerade keine Bereicherung durch ein Gegenrecht!). Dabei wird der steuerliche Wert des Vorbehaltsrechts gegen den steuerlichen Wert des übertragenen Gegenstands gerechnet.
Weiter ist oft Motivation des Übergebers, den Erwerber zu versorgen, wenn er oder sie Versorgung benötigt. Die 30-jährige Tochter kann eine Immobilie gut gebrauchen, die 70-jährige Mutter benötigt sie nicht mehr. Wenn man die Situation 20 Jahre „weiter denkt“, dann benötigt die dann 50-jährige Tochter die Immobilie aus dem Erbfall der Mutter nicht mehr so dringend wie vor 20 Jahren.
Daneben will der Übergeber oft seine eigene Versorgung im Alter sicherstellen, und behält sich z.B. den Nießbrauch an Mieteinnahmen einer Immobilie oder Gewinnausschüttungen eines GmbH-Anteils vor. Bestandteil dieser Verträge ist dabei oft auch, dass der Erwerber dafür noch andere Gegenleistungen erbringt (z.B. Pflegeleistungen). Beide Ideen lassen sich kombinieren. In diesem Rahmen kann der Übergeber die Kontrolle behalten durch sog. „Rückholklauseln“, mit denen er in bestimmten Situationen (Insolvenz, grober Undank des Erwerbers) den hingegebenen Gegenstand zurückholen kann. Weiter kann der Übergeber schließlich seinen Vermögenstransfer steuern und verhindern, dass Vermögen im Erbfall in ihm unliebsame Kanäle gelangt.
All diese Aspekte können auch mit der Private Wealth Police umgesetzt werden.
Wichtiger Hinweis: Bei dem verfassten Text handelt es sich um die Meinung des Autors. Er stellt weder eine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung oder eine Beratung dar. Beratungen können immer nur persönlich geschehen. Wenn Sie eine Beratung wünschen, nutzen Sie bitte eine der Kontaktmöglichkeiten.