Offene Immobilienfonds kämpfen mit widrigen Rahmenbedingungen: Die Börse preist Anteile mittlerweile mit bis zu 15 Prozent Abschlag gegenüber dem Preis der KVGs ein.

Zu Niedrigzinszeiten waren sie noch Anlegers Lieblinge, doch mittlerweile weht ihnen strenger Wind entgegen – es läuft nicht gut für Offene Immobilienfonds. Das Problem: Die zuletzt schnell gestiegenen Zinsen verteuern Kredite. Geld, das die Fonds benötigen, um neue Objekte fürs Portfolio zu erwerben oder auslaufende Kredite umzuschulden. Der Trend zum Homeoffice macht Büroimmobilien zudem unattraktiver.

Hinzu kommt die Inflation, Verbraucher schränken ihren Konsum ein. Sie kaufen viel online, was den Markt der stationären Einzelhändler und Shoppingcenter bedroht – ein weiterer gängiger Baustein im Portfolio Offener Immobilienfonds. Allen Gewerbeimmobilien ist auch gemein, dass sie mittlerweile energetisch modernen Standards genügen müssen, um Mieter zu finden.

Transaktionen bei Gewerbeimmobilien eingebrochen

Der gewandelte Rahmen bewirkt, dass der vor Kurzem noch florierende Markt der Gewerbeimmobilien ins Stocken geraten ist. „Am Immobilienmarkt finden aktuell nur wenige Transaktionen statt“, weiß Thomas Rehmet, Vertriebsdirektor bei der Immobilienanlagegesellschaft Kanam Grund, die unter anderem den Leading Cities Invest betreibt. Investoren mit Fremdkapital hätten sich zurückgezogen. Andere suchten nach raren Schnäppchen.

Der Immobiliendienstleister Cushman & Wakefield hat eine Zahl für das Problem. Demnach ist im ersten Halbjahr 2023 das Transaktionsvolumen bei deutschen Gewerbeimmobilien in den sieben größten deutschen Städten um satte 65 Prozent eingebrochen – auf 9,8 Milliarden Euro. Und eine Trendumkehr ist nach Auffassung der meisten Beobachter aktuell nicht in Sicht. Vermögensverwalter Michael Thaler etwa spricht von einem „strukturellen Bruch“, der den Gewerbeimmobilienmarkt ereilt habe.

All die Probleme lassen sich jedoch an den Kursen Offener Immobilienfonds nicht ablesen. Die wandern meist weiter wie an der Schnur gezogen nach oben. Die Immobilienobjekte der Fonds werden zwar regelmäßig von Gutachtern bewertet, doch das geschieht unter Umständen nur einmal im Jahr. Im Zeitraum dazwischen kann somit viel passieren, was sich im Nettoinventarwert der Fonds nicht direkt widerspiegelt. Es werden die alten Werte hochgerechnet.

An der Börse dagegen ist die Skepsis des Marktes durchaus angekommen. Ein Vergleich der Anteilspreise von Fonds wie Hausinvest, Uniimmo: Europa oder DWS Grundbesitz Europa zeigt: Offene Immobilienfonds werden dort aktuell mit bis zu 15 Prozent Abschlag gegenüber dem Preis der Fondsgesellschaften gehandelt.

Seit 2013 müssen Anleger, die Fondsanteile Offener Immobilienfonds bei einer KVG kaufen, diese mindestens 24 Monate im Portfolio halten. Verkaufswünsche müssen sie zwölf Monate im Voraus anmelden. Die Transaktion wird bei der Fondsgesellschaft eingeloggt und zum Stichtag in einem Jahr ausgeführt – zu dem dann gültigen Preis.

Das ist gut für die Fondsbetreiber, die so mit ihren Mitteln planbarer wirtschaften können. Eine Blackbox ist es jedoch für Anleger: Wer weiß schon, wo in einem oder in zwei Jahren der Kurs steht? Wer jetzt neu einsteigt, kann frühestens im Juli 2025 seine Anteile wieder verkaufen. Wer seine Anteile schon länger hält, kann immerhin im Juli 2024 verkaufen.

Börsenkurse für realistischer gehalten

Bis zur Zinswende vor rund einem Jahr zählte die Anlageklasse der Offenen Immobilienfonds noch zu den Publikumslieblingen – gerade bei Privatanlegern. Immerhin machen sie das sprichwörtliche Betongold auch für schmalere Geldbeutel zugänglich – mit einer Streuung über verschiedene Objekte und Gewerbesegmente. Die Fonds sind mit den Jahren zu wahren Supertankern geworden. Rund 15 Milliarden Euro fasst heute der Uniimmo: Europa, 17,4 Milliarden der Hausinvest. Der Deka Immobilien Europa kommt auf knapp 18 Milliarden Euro.

Lange Zeit profitierten die Anbieter auch von dem günstigen Umfeld, das ihnen die Niedrigzinsen bescherten. „Ein Vorteil der offenen Immobilienfonds ist in den vergangenen Jahren gewesen, dass sie durch die stetigen hohen Zuflüsse die Verschuldung relativ geringhalten konnten“, hält Vermögensverwalter Thaler der Asset-Klasse zugute. Darauf berufen sich auch die Verantwortlichen des Hausinvest. Dort hieß es im März trotzig: „Die Zinswende sehen wir eher als Chance, weil Objekte eventuell günstiger als bisher erworben werden können.“ Man richte sich ohnehin an Langfrist-Anleger und habe auch in der Vergangenheit schon Wirtschaftskrisen überstanden.

Doch die Polster aus besseren Zeiten dürften bald aufgezehrt sein, sind sich Marktbeobachter aktuell recht einig. So ist von unterschiedlichen Seiten zu hören: Die Börsenkurse der Offenen Immobilienfonds bildeten die Realität vermutlich viel realistischer ab als die offiziellen Fondskurse.

Vermögensverwalter Thaler ärgert sich vor allem hierüber: „Aktuell raten die Banken ihren Kunden zum Kauf der Fonds zum Ausgabepreis. Die normalerweise zu zahlenden Ausgabeaufschläge kommen noch obendrauf.“ Von einem Einstieg in das Segment rät der Vermögensverwalter aktuell ab. Thaler glaubt: Gutachter könnten den Wert der Objekte demnächst nach unten korrigieren. „Es steht zu befürchten, dass Anleger in den kommenden Jahren Kursverluste erleiden werden, die durchaus bei zehn bis 20 Prozent liegen können.“

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