Der Handel mit ETFs boomt. Gleichzeitig sinken die laufenden Kosten immer weiter. Doch obwohl in diesem Zusammenhang von Gesamtkosten die Rede ist, können die tatsächlichen Kosten deutlich höher liegen. Ich zeige Ihnen, auf welche Gebühren man beim ETF-Kauf noch achten sollte.

Ein wesentliches Verkaufsargument für börsengehandelte Fonds (ETFs) sind ihre im Vergleich zu anderen Anlageprodukten geringen Kosten. Während bei aktiv gemanagten Fonds oft schon beim Kauf ein Ausgabeaufschlag anfällt und die laufenden Kosten nicht selten die 2%-Marke überschreiten, liegen sie bei vielen ETFs deutlich darunter. Auch ein Agio, das ein Verkäufer als Provision einstreicht, entfällt.

Transaktionskosten und Depotführungsgebühren

Viele Anleger kaufen ETFs mittlerweile über Neobroker und Direktbanken sowie die angeschlossene Börsenplätze wie Tradegate, Gettex oder L&S. Denn im Gegensatz zu herkömmlichen Fonds, die in der Regel nur einmal täglich außerbörslich zum sogenannten Nettoinventarwert gekauft und verkauft werden können, werden ETFs an der Börse gehandelt. Beim ETF-Handel werden während der Börsenöffnungszeiten laufend aktuelle Kurse gestellt. Dies ist mit dem Aktienhandel vergleichbar. Kauf- und Verkaufsaufträge werden sofort ausgeführt. Das ist allerdings nicht kostenlos. Je nach Broker, bei dem man seine ETFs kauft und verwahrt, fallen zusätzlich Transaktionskosten und Depotführungsgebühren an. Pro Transaktion, also für jeden Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, können Broker eine Ordergebühr erheben.

Die Geld-Brief-Spanne: Das versteckte Preiselement

Weniger offensichtlich sind die Handelskosten, die sich aus der Differenz zwischen den an der Börse gestellten An- und Verkaufskursen ergeben. Diese Differenz wird in der Fachsprache auch Spread oder Geld-Brief-Spanne genannt. Sie stellt eine Vergütung für den Market-Maker dar.

Der Geldkurs (auch als Bid-Kurs bezeichnet) und der Briefkurs (auch als Ask-Kurs oder Angebotskurs bezeichnet) geben an, zu welchem Preis ein Händler bereit ist, ein Wertpapier zu kaufen (Geldkurs) oder es zu verkaufen (Briefkurs).

  • Geldkurs (Bid-Kurs): Der Geldkurs ist der Preis, zu dem Käufer eines Wertpapiers bereit sind, es zu erwerben. Dies ist der Höchstpreis, den jemand bereit ist zu zahlen. Wenn du also ein Wertpapier verkaufen möchtest, ist der Geldkurs der Preis, den du erhältst, wenn du es sofort verkaufst. Der Geldkurs wird in der Regel niedriger sein als der Briefkurs.
  • Briefkurs (Ask-Kurs oder Angebotskurs): Der Briefkurs ist der Preis, zu dem Verkäufer eines Wertpapiers bereit sind, es abzugeben. Dies ist der niedrigste Preis, zu dem jemand bereit ist zu verkaufen. Wenn du ein Wertpapier kaufen möchtest, ist der Briefkurs der Preis, den du zahlen musst, um es sofort zu erwerben. Der Briefkurs ist in der Regel höher als der Geldkurs.

Der Unterschied zwischen dem Geldkurs und dem Briefkurs wird als Spread bezeichnet. Dieser Spread repräsentiert die Handelsspanne zwischen dem Preis, zu dem Händler kaufen und verkaufen möchten, und stellt die Gebühren und den Gewinn dar, den Makler und Market-Maker aus dem Handel ziehen.

Warum die Größe den Preis beeinflusst

Die Spreads zwischen dem Geld- und Briefkurs variieren je nach ETF und seiner Marktnachfrage erheblich. Beliebte ETFs wie der MSCI World weisen normalerweise enge Spreads auf, während weniger gehandelte ETFs, insbesondere solche aus den aufstrebenden Märkten, oft wesentlich breitere Spreads aufweisen können, manchmal sogar um einige Prozentpunkte. Als Faustregel gilt: Je größer das Interesse und die Nachfrage an einem ETF sind, desto enger wird in der Regel der Spread sein. Das liegt einfach daran, dass in solchen Fällen mehr Händler bereit sind, unterschiedliche Preise für den Kauf oder Verkauf des Produkts anzubieten.

Beispiel für die Berechnung eines Spreads

Angenommen, man möchte einen ETF mit einem Marktpreis von 100 € kaufen. Der Briefkurs (Verkaufspreis) beträgt 100,50 €, während der Geldkurs (Ankaufspreis) 99,50 € beträgt. Der Spread, also die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs, beträgt in diesem Fall ein Euro (100,50 € – 99,50 €).

Wenn man nun 100 Anteile des ETFs kaufen möchte, kostet es aufgrund des Spreads mehr als der aktuelle Marktpreis. Wenn man den Briefkurs von 100,50 € pro Anteil bezahlt, beträgt dein Gesamtkaufpreis 10.050 €. Kurze Zeit später willst man wieder verkaufen. Der Kurs hat sich z.B. in der Zwischenzeit nicht verändert. Beim Verkauf zählt aber der Geldkurs von 99,50 €. Der Verkaufserlös beträgt nur 9.950 €. Die Differenz von 100 € (10.050 € – 9.950 €) sind die zusätzlichen Kosten durch den Spread.

Volatilität und Spreads: Wie Märkte auf turbulente Zeiten reagieren

Starke Volatilität kann ebenfalls zu einer Ausweitung der Geld-Brief-Spannen führen. Spreads tendieren dazu, sich an turbulenten Tagen an den Finanzmärkten auszudehnen, wenn die Märkte starken Schwankungen unterliegen. Dies resultiert aus einem erhöhten Risiko für die Market-Maker in solchen Phasen und der gesteigerten Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Preises eines Vermögenswerts. Um mögliche Preisschwankungen auszugleichen, passen die Market-Maker, die durch das Bereitstellen von Kauf- und Verkaufskursen für Liquidität im Markt sorgen, ihre Spreads an.

Die Illusion der Liquidität

In Crashzeiten hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass einige ETFs deutlich stärker abverkauft wurden als ihre zugrunde liegenden Vermögenswerte. Dies kann zum einen damit zusammenhängen, dass diese Fonds auch von Privatanlegern relativ leicht abgestoßen werden können. Zum anderen benötigen Investmentbanken, die die Auflegung und Rücknahme der ETFs verwalten, einen sehr hohen Spread, ehe sie bei einem Ausverkauf das Arbitragerisiko eingehen können.

Es ist also wahrscheinlich, dass bei einem bedeutenden Liquiditätsdefizit ETFs stärker abverkauft werden als ihre zugrunde liegenden Titel, welche dadurch unter ihren fundamentalen Wert gezogen werden. Dieser Effekt ist wahrscheinlich am ausgeprägtesten, wenn der zugrunde liegende Wert weit weniger liquide ist als der ETF, was häufig bei Unternehmensanleihen und High Yield-Anleihen der Fall ist.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) wies im Jahr 2015 auf diesen Effekt hin, der bei börsengehandelten Rentenfonds zu einer „Illusion von Liquidität“ führt. Und tatsächlich wird die Liquidität durch zweierlei eingeschränkt: zum einen durch die mangelnde Bereitschaft der ETF-Market-Maker, Papiere zu kaufen und zu verkaufen, und zum anderen durch ihren verminderten Bestand an Unternehmens- und High-Yield-Anleihen und ihre geringere Risikobereitschaft an den entsprechenden Märkten. Derweil ein Liquiditätsengpass den Rentenmarkt wahrscheinlich in besonderem Maße treffen würde, bestehen dieselben Sorgen auch für Aktien, vor allem für solche, die vornehmlich über Indexprodukte gehalten werden.

Handlungsempfehlung

Während Zeiten hoher Volatilitäten kann es daher schwieriger sein, zu den gewünschten Preisen zu handeln, da sich der Unterschied, zwischen dem Verkaufs- und dem Ankaufspreis vergrößert. Dies kann zu höheren Handelskosten führen und unvorhergesehene Auswirkungen auf Transaktionen haben. Daher ist es ratsam, besonders unter volatilen Marktbedingungen den Spreads und der Liquidität besondere Beachtung zu schenken, um gut informierte Handelsentscheidungen zu treffen.

Wichtiger Hinweis: Bei dem verfassten Text handelt es sich um die Meinung des Autors. Er stellt weder eine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlung oder eine Beratung dar. Beratungen können immer nur persönlich geschehen. Wenn Sie eine Beratung wünschen, nutzen Sie bitte eine der Kontaktmöglichkeiten.