Das Franklin Templeton Investment Institute hat fünf „Deep Water Waves“ identifiziert, die Anleger in den kommenden zehn Jahren beschäftigen und die Grundlagen für die Preisbildung von Vermögenswerten grundlegend verändern.

Tiefwasserwellen entstehen in Tiefen von rund 200 Metern oder mehr. Zu Beginn sind sie ausgedehnt und werden immer schneller. Während sie sich an den Konturen des Meeresbodens entlangschlängeln, ändert sich ihre Form ständig. Sie vereinigen sich mit anderen Wellen und werden so immer größer. Je nach dem Gefälle des Strands und der Ausformung des Meeresbodens werden Kraft, Strömung und Geschwindigkeit von Tiefwasserwellen entweder abgeschwächt oder intensiviert. Oberflächlich betrachtet sind sie kaum zu sehen – und ihr Wirkungspotenzial kann daher leicht falsch eingeschätzt werden.

„In dieser Hinsicht sind sie langfristige Faktoren, mit denen sich Investoren konfrontiert sehen, sehr ähnlich“, schreibt Kim Catechis, Anlagestratege des Franklin Templeton Investment Institute. Diese mächtigen „Wellen“ werden einen fundamentalen Wandel der wirtschaftlichen, politischen und öffentlichen Grundlagen für die Asset-Preise bewirken. Beschleunigt werden diese Kräfte durch die Corona-Pandemie und intensiviert durch sozioökonomischen Druck, den Klimawandel und die Geopolitik.

  1. Die demografische Welle

Das weltweite Wachstum wird sich im Verlauf der nächsten Generation auf einen Wert unterhalb des langfristigen Trends abschwächen. Die Bevölkerungen jener Länder, die während der letzten zwanzig Jahre für das weltweite Wirtschaftswachstum gesorgt haben, werden immer älter. Vor dem Hintergrund einer anhaltenden oder gar wachsenden Ablehnung von Immigration in vielen Ländern werden nationale Grenzen immer schwieriger zu überwinden sein, was zu erheblichen negativen Auswirkungen für einkommensschwächere Länder führen wird, die auf Rücküberweisungen aus dem Ausland angewiesen sind.

  1. Die Technologiewelle

In den kommenden zehn Jahren werden dringende und umfangreiche Investitionen in Innovationen in allen Wirtschaftsbereichen boomen. Dies zeichnet sich sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich ab, wobei ein Großteil der Investitionen nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch aus geopolitischen Gründen getätigt wird.

  1. Die Schuldenwelle

Das Spannungsverhältnis zwischen Inflation und Deflation wird weiterhin bestehen, aber das zugrundeliegende Kalkül hat sich geändert. Eine langfristige Kontrolle über die Inflation zählt mehr als Wirtschaftswachstum, aber die Entschlossenheit wird je nach Land oder Region unterschiedlich stark sein. Die Corona-Pandemie hat die sozioökonomische Ungleichheit in vielen Ländern noch verschärft. Eine progressive Besteuerung mit Umverteilungscharakter wird weltweit immer mehr an Bedeutung gewinnen, es wird zu unorthodoxen wirtschaftlichen Experimenten kommen und Big Government wird zurückkehren.

  1. Die geopolitische Welle

Vor dem Hintergrund der Konfrontation zwischen den USA und China wird die geopolitische Situation im Verlauf des nächsten Jahrzehnts ihren Einfluss auf Anlageergebnisse noch steigern, wobei ein asymmetrischer Cyberkrieg das wahrscheinlichste Szenario darstellt. Die wirtschaftliche Polarisierung zwischen Staaten und Regionen wird wahrscheinlich zunehmen. Nach der Pandemie werden sich wohlhabende Länder vielleicht verpflichtet fühlen, ihre Verpflichtungen gegenüber multilateralen Organisationen wie der Weltbank und der Internationalen Finanz-Corporation als Mechanismus zur Unterstützung einkommensschwacher Länder zu erneuern. Das Entwicklungsgefälle bleibt jedoch bestehen und vergrößert sich, weshalb der Migrationsdruck aufrecht bleiben wird.

  1. Die Klimawandel-Welle

Der Klimawandel wird in vielen Regionen zunehmend Grenzkonflikte verschärfen, die Agrarproduktion bedrohen und soziale Spannungen verstärken. Dieser Prozess vergrößert auch manch bestehende Kluft innerhalb der Länder – zum Beispiel ländlich/städtisch; Kohleregion vs. Solarregion.