Ein Kommentar von Eva Sun-Wai, Fondsmanagerin im Public Fixed Income Team von M&G Investments.
„75 Basispunkte – genau wie erwartet. Und kein Ende in Sicht: An den Aktienmärkten hatte man sich wohl einen ersten Hinweis darauf erhofft, wann es vorbei sein wird mit den Zinserhöhungen, aber ganz im Gegenteil. Die Fed hat heute eine Fortsetzung ihrer Politik signalisiert.
Aktien scheinen etwas pessimistischer zu reagieren als Anleihen, aber im Allgemeinen waren 75 Basispunkte mehr als eingepreist, und 2-jährige Anleihen bewegen sich jetzt um die Vier-Prozent-Marke. Wenn der Schritt in den Schlagzeilen als eher restriktiv dargestellt wird, dann am ehesten, weil die Fed für November einen möglichen weiteren Schritt in derselben Größenordnung angekündigt hat und damit nahelegt, dass die Inflation noch nicht den Gipfel erreicht hat – und weniger, weil sie die Zinsen zum dritten Mal in Folge um 75 Basispunkte angehoben hat. Letzteres ist wenig überraschend, äußert sie sich doch seit einer Weile schon „draghi-artig“ in dem Sinne, dass sie „alles tun“ wird, um die Inflation zu senken.
Die Medien warnen, die Hoffnung auf eine „weiche Landung“ werde zunehmend illusorisch. Ich selbst denke, man kann inzwischen mit Fug und Recht behaupten, dass eine harte Landung unumgänglich wird und wir in der nächsten Phase des Konjunkturzyklus eine Form von Abschwung erleben werden. Die Fed hat hier wohl mehr Spielraum als etwa Europa, denn die USA sind der Volatilität der Energie- und Rohstoffpreise weniger direkt ausgesetzt, die Europa in Zugzwang bringt. Solange der Arbeitsmarkt stark bleibt, scheinen die USA weniger Bedenken zu haben, die Wirtschaft zu einem niedrigeren BIP zu zwingen.
Auffallend ist die Entschlossenheit der Fed, sich auf das Inflationsziel von zwei Prozent festzulegen. Wir haben eher den Eindruck, dass die Zentralbanken zumindest mittelfristig ihre Ziele nach oben korrigieren müssen, um manchen wenig flexiblen Posten in den Inflations-Warenkörben Rechnung zu tragen. Gegebenenfalls müssen sie akzeptieren, dass die Inflation für eine Weile höher liegen wird, als wir es in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. Das bisherige Ziel von zwei Prozent erscheint aus drei Gründen unrealistisch: Dazu zählen die weltweite Verschärfung der Geldpolitik nach der Pandemie, die weiterhin anhaltenden massiven Unterbrechungen von Lieferketten – die sich eben gerade nicht als „vorübergehend“ erwiesen haben – und der Krieg in der Ukraine. Geldpolitik arbeitet zudem in der Regel mit einer erheblichen Zeitverzögerung.“
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